Mit unserem Sprinter-Wohnmobil fahren wir über den Brenner bis Ancona und von per dort Fähre über die Adria bis Griechenland. Nach den Meteora-Klöstern und einem Badetag an der Ägäis geht es weiter in die Türkei bis in die Altstadt von Istanbul. Dort Übersetzen nach Asien und entlang der Schwarzmeerküste relativ zügig bis nach Georgien. Über wilde Bergstrassen erreichen wir im Großen Kaukasus mittelalterliche Dörfer mit archaischen Wehrtürmen. Danach besuchen wir mehrere Klosteranlagen. In Tiflis kombiniert sich Großstadt-Feeling gleichzeitig mit Sommerfrische am See. Das nächste Land Armenien überrascht uns mit schönen Klöstern, freundlichen Menschen und der angenehmen Hauptstadt Erewan. Über Georgien mit seinem Höhlenkloster Vardzia gelangen wir zurück in die Osttürkei. Vom Ararat und dem Van See geht es über Euphrat und Tigris nach Westen. Der Berg Nemrut Dag mit seinen antiken Steinfiguren und das abendliche Zusammentreffen von Reisender aus verschiedenen Ländern gehört zu den eindrücklichsten Urlaubs-Erlebnissen. Dies wird nur noch überboten durch die einmalige Felsen-Landschaft in Kappadokien samt ihren historischen Höhlensiedlungen in Kombination mit eindrucksvollen Ballonfahrten über diesen Naturwundern. Nach diesen Höhepunkten beginnen wir eine rasche Heimreise über die türkische Süd- und Westküste sowie über die Balkanroute zurück nach München.
Also starten wir am Sonntag nach Schulende über die Alpen nach Italien. Dabei gibt es von Brixen bis zum Gardasee ein riesiges Gewitter mit Wetterleuchten und Blitzen im Sekundentakt! Die Weiterfahrt durch Italien bis Ancona ist dann ziemlich unspektakulär und langweilig. In der Hafenstadt haben wir sogar noch Zeit zum Baden in der Adria: das Meer ist aber extrem warm und am Ufer gibt es Algenteppiche.
Anreise über Griechenland und Schwarzmeerküste
Die Überfahrt mit der Fähre nach Igoumenitsa in Griechenland ist erholsam, wobei wir mit „Camping on Board“ reisen und im eigenen Womo-Bett schlafen. Direkt vom Ankunftshafen fahren wir noch bis zu den Meteoraklöstern, erleben dort den Sonnenuntergang und entdecken bei der Nachtplatzsuche eine Herde von 37 Wildpferden, was die Kinder begeistert. In der Früh krabbelt sogar eine Schildkröte neben uns vorbei.
Wir schauen uns drei der sechs Klöster an: es ist sehr heiß und es sind ziemliche viele Touristen unterwegs. Für ein Bild der Klosteranlagen ohne Menschenmassen im Vordergrund braucht man schon einige Geduld.
Dafür ist es einen Tag später umso einsamer: wir sind über Thessaloniki nach Norden und Westen Griechenlands gefahren und erreichen am Abend einen Traumstrand an der Ägäis. Weil man von der Autobahn noch ca. 20 km auf kleinen Straßen bis zur Küste hat, sind dort nur Einheimische anzutreffen, die aber am Abend alle nach Hause gehen. Glasklares Wasser, sauberer Strand und sogar eine Dusche – was will man mehr! Die Kinder wollen gleich einen ganzen Tag bleiben, aber das lässt der Reiseplan noch nicht zu.
Also geht es weiter zur türkischen Grenze, wo wir dann allerdings erst mal 3 Stunden im Stau stecken und uns auf die türkische Fahrweise und Drängeleien einstellen. Durch den Zeitverlust schaffen wir es zwar noch bis zum Marmarameer, aber die Nachtplatzsuche ist wegen der sehr dichten Bebauung schwierig und alle Plätze ziemlich verdreckt.
Mit vielen Staus geht es auch am nächsten Tag weiter bis in die Innenstadt von Istanbul. Hier finden wir einen bewachten Parkplatz in einem Park direkt am Meer und nur einen Kilometer von der Blauen Moschee entfernt. Wir laufen zunächst zur Hagia Sophia, die wir wegen eines Gottesdienstes aber gar nicht betreten. Direkt davor startet gerade eine große Pro-Palestina Demonstration, die wir sicherheitshalber lieber meiden. In der Blauen Moschee geht es dagegen sehr friedlich zu trotz vieler Einheimischer und Touristen.
An unserem Nachtplatz gibt es viele Angler, ein paar Badegäste und wir sehen sogar nur ein paar Meter entfernt zwei Delphine im Wasser. Da gerade Samstag ist, sind viele Einheimische im Park und machen Picknick inklusive Grillen. Wir mischen uns in das bunte Treiben. Die Kinder tollen noch um 22 Uhr auf den Spielplätzen herum und eine türkische Familie lädt uns zum Essen ein. Die Kinder schlafen zum Glück schon, aber von Mitternacht bis fast drei Uhr morgens wird direkt neben uns noch eine Musikanlage auf volle Lautstärke aufgedreht …
Wir verlassen die hektische Megacity Istanbul (ca. 16 Millionen Einwohner), überqueren den Bosporus nach Asien und müssen dann noch einmal stundenlang nach Osten fahren, bevor der Verkehr etwas geringer wird. Dann wollen wir die Schwarzmeerküste kennenlernen und biegen in den Norden ab.
Von einer Berg-Autobahn zweigen wir 800 Höhenmeter auf kleinsten Sträßchen zur Küste ab – und sind die einzigen Touristen in einer Bucht mit lauter Einheimischen. Die kommen aus der Umgebung, oft mit ihren kleinen Traktoren, auf deren Ladefläche die ganze Familie sitzt. Am späten Abend sind wir ganz alleine am Kiesstrand, als zwei Fischerboot ihren Fang in schwerer körperlicher Arbeit ohne Landungssteg ausladen: Dutzende von Muschelsäcken werden vom schwankenden Boot aus ins Uferwasser geworfen und dann am Strand aufgeschichtet. Wir helfen ihnen dabei – und bekommen zum Schluss einen ganzen Sack mit frischen Muscheln geschenkt, den wir aber dankend ablehnen.
Da uns die Küste nicht so sehr überzeugt, fahren wir mehr im Landesinneren weiter. Eine alte Stadt mit Fachwerkhäusern (Safran Bolu) als Touristenziel ist aber vollkommen überlaufen. Diesmal übernachten wir zur Abwechslung an einem Bergbach, in dessen Gumpen wir sogar baden können.
Dann entschließen wir uns, möglichst schnell weiter nach Osten zu gelangen, wobei sich Küsten- und Stadt-Autobahnen mit kleinen Städten abwechseln und man wegen vieler Staus nur recht stockend vorankommt. Noch dazu regnet es an der Schwarzmeerküste öfters und wir sind froh, dass wir die großen Städte Samsun und Trabzon hinter uns bringen. Hier gibt es Hochhaussiedlungen mit 15 Stockwerken, die im Abstand von Einfamilienhäusern eng nebeneinanderstehen. Der Verkehr ist sehr dicht, die Fahrweise z. T. aggressiv und die Strecke wirklich nicht attraktiv, sodass wir uns nicht mehr lange aufhalten.
Georgien – Batumi, Großer Kaukasus und Tiflis
Schneller als erwartet erreichen wir die Grenze nach Georgien. Hier gibt es einen Riesenstau: ich habe es als Besitzer im Fahrzeug noch relativ gut, während alle anderen Passagiere aussteigen müssen und stundenlang in endlosen Schlangen dichtgedrängt in einer Menschenmasse stehen und kaum vorwärtskommen. Es ist ein Wunder, dass es bei der Hitze keine Panik gibt oder Menschen einen Kollaps erleiden.
Nach vier Stunden haben es meine drei Frauen endlich geschafft – und bringen im Schlepptau gleich noch ein paar Leidensgenossen mit. Da es mittlerweile Nacht ist, fahren sie gleich bei uns mit: eine holländische Familie, die mit kleinem Kind und Rucksack mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Indien reisen wollen und ein älterer Australier mit großem Rucksack. Wir sind also 8 Personen im Wagen und liefern alle vier Mitfahrer in der nahen Großstadt Batumi ab.
Wir haben ein ruhiges Nachtquartier am Strand gefunden. Jetzt kommt erstmals richtig Urlaubsfeeling auf: wir baden im Meer, machen einen gemütlichen Ausflug in einen nahen Botanischen Garten und übernachten gleich nochmal am gleichen Ort.
Dann geht es Richtung Großer Kaukasus: wir kommen durch kleine Dörfer mit frei herumlaufenden Schweinen und an einem großen Stausee vorbei: Wir finden in einem Seitental einen traumhaften Lagerplatz auf einer Wiese mit Holzbänken direkt neben einem rauschenden Bergbach. Auch hier wollen die Kinder gleich den ganzen Tag bleiben.
Jetzt fahren wir nur noch kleine Tagesstrecken, zunächst in ein benachbartes Tal, nahe der russischen Grenze und Elbrus. Hier gibt es den höchsten Wasserfall Georgiens oder den bekannten Doppelgipfel der Uschba, der mal als der schwierigste Berg der Welt galt. Wir machen ein Lagerfeuer und feiern am nächsten Morgen Isabellas 10. Geburtstag in einer offenen Holzhütte.
Spannend wird es, als wir in einem der alten typischen Wehrtürme über vier Stockwerke bis zur Turmspitze über wacklige steile Holzleitern klettern. Diese Bauten hier in Oberswanetien sind natürlich eine Touristenattraktion.
Vom belebten Skiort Mestia führt ein Pass bis zum archaischen Dorf Uschguli, wo die meisten trutzigen Wehrtürme aus dem Mittelalter in einer urweltlichen Landschaft erhalten sind (seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe). Hier spazieren wir zwischen den alten Türmen, verfallenen Häusern und neugebauten einfachen Pensionen umher und freuen uns über außergewöhnliche Fotomotive. Noch am selben Abend fahren wir bei Nebel über schlammigen Schotterstraßen, die gerade ausgebaut werden, über einen einsamen Bergpass auf 2500 m Höhe.
Wieder in tieferen Lagen besichtigen wir georgische Klöster: eines davon (Gelati) bei Kutaissi ist nach einer Renovierung noch nicht geöffnet, dafür das benachbarte Motsameta. Dazwischen kommen wir durch ein Städtchen, das in der Sowjetzeit ein riesiges Kur- und Erholungsgebiet war und jetzt weitgehend verlassen und darnieder liegt. Ähnliches gilt für das Bergbauzentrum um Chiatura, wo viele Seilbahnen stillgelegt sind, aber zum Teil immer noch mit altertümlichen Methoden weitergearbeitet wird.
Vor und in Tiflis, der Hauptstadt von Georgien, nimmt der Verkehr wieder stark zu. Wir suchen uns etwas außerhalb des Ballungsgebietes einen Nachtplatz am großen Tiflis-See. Hier kommen Erholungssuchende aus der Großstadt zum Baden, Picknicken oder zum Kitesurfen her, denn es herrscht meist ein starker Wind. Die Zufahrten zum See sind schlechte Pisten mit großen Schlaglöchern oder extremen Bodenwellen, sodass wir - wie oft bei den Nachtplätzen - Allrad und Untersetzung einschalten. Dafür ist es ruhig und wir kommen gleich drei Nächte hintereinander her.
Den ersten Tag verbringen wir in Tiflis selbst: im Stadtzentrum leisten wir uns bei großer Hitze den Luxus, mit der Seilbahn auf den Festungshügel zu fahren. Die Burganlage ist gerade wegen Renovierung geschlossen, aber wir hören direkt unter der großen Statue der "Mutter von Georgien" plötzlich deutschen Gesang: der ältere Lebenskünstler Dieter hat sich von einem einheimischen Straßenmusiker die E-Gitarre geliehen und schmettert hinreißend einen deutschen Schlager. Wir unterhalten uns danach mit ihm: er kommt aus Sachsen, hat vor kurzem eine russische Frau geheiratet, tanzt mit ihr sogar eine Polonaise und will auf seinen Reisen etwas zur Völkerverständigung beitragen.
Am zweiten Tag machen wir einen Tagesausflug zu einem weiteren Kloster: David Gareja, das etwa 100 km entfernt in einer Halbwüste ganz nahe an der aserbaidschanischen Grenze liegt. Mönche haben hier Mitte des 6. Jahrhunderts in steile Felswände Höhlenwohnungen gebaut und das älteste Kloster des Landes errichtet. Heute lebt hier wieder eine kleine Mönchsgemeinschaft, aber in moderneren Ziegelhäusern.
Klöster in Armenien und nochmal Georgien
Um als nächstes nach Armenien zu kommen, suchen wir uns nach den schlechten Erfahrungen diesmal lieber einen kleinen Grenzübergang. Das klappt tatsächlich sehr gut, auch wenn hier genauso wie an allen Grenzen sich die LKWs zu Hunderten stauen und vielleicht sogar Tage warten müssen. Wir fahren bis zum großen Sewan-See und übernachten direkt am Ufer.
Da gerade wieder Wochenende ist, kommen sehr viele Armenier zum Kloster Sewanawank, einem Wallfahrtsort, und verbinden das Ganze mit Baden und Picknick. So erleben wir auch einen gesangsfreudigen Gottesdienst in der Kirche und fotografieren die heißen, stimmungsvollen Kerzenräume.
Bald darauf inspizieren wir unseren Nachtplatz in der Hauptstadt Erewan. Da noch genügend Zeit bleibt, besuchen wir im Süden noch ein weiteres Kloster Chor Virap. Es liegt direkt an der Grenze zur Türkei, 30 km gegenüber dem Ararat, dem Nationalsymbol der Armenier. Der Blick ist fantastisch - auch deshalb sind hier ebenfalls viele Sonntagsausflügler unterwegs.
Auf dem Weg zurück nehmen wir ein französisches Brüderpaar mit, die hier gestrandet sind und bringen sie nach Erewan zurück. Für diese Fahrt sind Isabella und Annalena nach hinten auf die Bettfläche ausgewichen und spielen dort. Aber nur wenige hundert Meter von unserem Nachtplatz muss ich plötzlich stark bremsen, weil ein älterer Mann fast ins Auto läuft. Dem passiert nichts, aber Isabella trägt bei diesem Bremsmanöver ein paar Prellungen davon – Glück gehabt!
Am nächsten Morgen sind wir bei der nahegelegenen Mercedes-Niederlassung und bekommen hier innerhalb von nur 2 Stunden unsere vorderen Bremsbeläge gewechselt – ein guter Service. Somit bleibt noch genügend Zeit für einen weiteren Ausflug: ein hellenistischer Tempel (Garni) beeindruckt uns nicht allzu sehr, dafür aber die schlanken und fotogenen Basaltsäulen des benachbarten Canyons, die „Symphonie der Steine“.
Dazu kommt eine weitere Klosteranlage (Geghard), bevor wir wieder in Erewan übernachten: in einem zentralen grünen Park nur hundert Meter von der Statue „Mutter von Armenien“ entfernt, mit schönem Blick auf die Innenstadt. Unser Abendessen findet mitten in der Stadt auf unseren Campingstühlen statt und über Nacht ist es sehr ruhig. Am nächsten Morgen lernen wir ein deutsches Ehepaar mit ihrem vierjährigen Sohn Hannes kennen, die in ihrem selbstausgebauten Wohnmobil leben und arbeiten. Von ihnen bekommen wir noch einige Tipps für unsere Weiterreise.
Weiter im Norden von Armenien besuchen wir die Stadt Gjumri, die überschaubarer und gemütlicher als Erewan ist. Besonders imposant ist die neue Kirche, die nach einem verheerendem Erdbeben 1988 (mit über 25000 Toten) wieder neu aufgebaut wurde – direkt daneben liegt noch die alte heruntergefallene Kirchturmspitze des Vorgängergebäudes.
Und ein paar Meter weiter symbolisiert ein Denkmal auch den Völkermord (Genozid) der Türken an den Armeniern, dem ab 1915 mehr als eine Million Einwohnern zum Opfer fielen. Das arme Volk hat schwere Zeiten und große Gebietsverluste durch umliegende Völker (Türkei, Aserbaidschan und Russland) hinter sich, war aber das freundlichste auf unserer Reise.
Noch am selben Tag geht es wieder nach Georgien, da es aufgrund der komplexen Geschichte keinen einzigen Grenzübertritt zwischen Armenien und der Türkei gibt. Das gibt uns die Gelegenheit noch einen berühmten Klosterkomplex anzuschauen: Vardzia ist eine berühmte Höhlenstadt im Kleinen Kaukasus, im 12. Jahrhundert zunächst als Grenzfestung gebaut und später als Kloster eingerichtet. Mit über 600 Felsräumen in 7 Stockwerken bot es 3000 Familien Unterschlupf. Heute leben wieder ein paar Mönche hier.
Am eindrucksvollsten aber ist Anlage bei Nacht, denn sie wird von Scheinwerfern angestrahlt. Wir stehen mit unserem Wohnmobil ganz alleine gegenüber auf gleicher Höhe – und lassen am nächsten Morgen auch noch die Drohne fliegen.
An der nahen Grenze zur Türkei müssen wir zwar nicht lange warten, aber dafür auf georgischer Seite eine Strafe zahlen, weil die einheimische Auto-Versicherung bei der Einreise ein nachweislich falsches Datum eingetragen hat, das jetzt um 12 Stunden überschritten war.
Von der Osttürkei nach Mittelanatolien
Etwas verärgert fahren wir an diesem Tag immer an der Grenze zu Armenien bis nach Dogubeyazit. Diese Grenzstadt zum Iran liegt direkt unter dem Ararat, den wir nun von beiden Seiten gesehen haben. Der Hauptanziehungspunkt ist der restaurierte burgähnliche Ishak Pasha Palast, der als berühmtestes osmanisches Bauwerk gilt.
Am Van See war ich schon einmal vor 46 Jahren, als wir im VW-Bus eine Woche lang in der Osttürkei überhaupt keine Touristen mehr getroffen haben. Diesmal aber besuche ich mit einer Touristenfähre auf der gleichnamigen Insel das ehemalige Kloster Akdamar: es war ein kulturelles Zentrum Armeniens, ist nach Zerstörung durch die Türken inzwischen restauriert und als Museum wieder zugänglich. Es bietet schöne Wandfresken mit biblischen Motiven. Christine und die Kinder versuchen es derweil mit einem Bad in diesem größten Sodasee der Erde.
Am westlichen Ende des Van Sees liegt der ehemalige Vulkan Nemrut Dag in etwa 2500 m Höhe. Inzwischen führt eine Straße aus Kopfsteinpflaster auf den Kraterrand und sogar in die ausgedehnte Caldera hinunter bis zu mehreren Seen. Da gerade wieder Wochenende ist, kommen viele Einheimische zum Picknick hierher. Wir treffen aber auch das deutsche Ehepaar Sandra und Andreas mit ihrem Toyota-Geländewagen und tauschen – wie unter Reisenden meist üblich – noch einige gute Tipps aus.
Unsere nächste Station ist Diyarbakir, die heimliche Hauptstadt der Kurden. Die ehemalige Stadtmauer ist noch gut erhalten und soll eine der größten Mauerwerke der Welt sein. Wir machen bei großer Hitze einen Spaziergang auf der teilweise restaurierten Anlage. Der breite Fluss unten im Tal ist der Tigris – und am selben Tag überqueren wir auch noch den Euphrat auf einer neuen Brücke. Die war notwendig, da hier ein riesiger Staudamm neu gebaut wurde – sehr zum Leidwesen der benachbarten Iraker, denen weiter flussabwärts dieses Wasser fehlt.
Es gibt hier noch einen weiteren Berg mit dem Namen Nemrut Dag: dieser ist fast gleich hoch wie der Vulkan, hat aber eine ganz andere Bedeutung. Auf seinem Gipfel erhebt sich eine monumentale Kombination aus Heiligtum und Grabstätte, die vom König Antiochos (69–36 v. Chr.) in seinem Reich Kommagene errichtet wurde. Im Laufe der Zeit haben Erdbeben, Unwetter und zahlreiche Besucher dazu beigetragen, dass die einst 8–10 m hohen Statuen heute kopflos sind. Bei meinem ersten Besuch hier im Jahre 1978 waren die Steinköpfe auch schon am Boden gelegen, aber die Throne der fünf Riesenstatuen noch weitgehend erhalten. Heute tummeln sich hier sehr viele Touristen und es werden Unmengen an Fotos und Selfies geschossen.
Etwas unterhalb des Gipfels stehen wir dann auf einem einsamen Nachtplatz mit anderen Individual-Reisenden: eine türkische Familie und ein Einzelfahrer mit ihren Wohnmobilen, ein italienischer Motorradfahrer, das deutsche Ehepaar vom anderen Nemrut Dag und wir. Alle zusammen sitzen wir bei Kerzen- und Taschenlampenlicht im Kreis, unterhalten uns in mehreren Sprachen und bieten uns gegenseitig Gebäck, Tee oder Obst an. Dieser internationale Abend bleibt deswegen auch in bester Erinnerung.
Ballonfahren in Kappadokien
Mit den konkreten Empfehlungen von Sandra und Andreas stehen wir am nächsten Abend in Kappadokien auf einer kleinen Hochfläche über einem Tälchen bei der Kleinstadt Göreme. Doch das gewaltige Spektakel um 5 Uhr früh überrascht uns trotzdem, obwohl wir davon wussten: plötzlich rumort es gewaltig, Kompressoren wummern, Autoscheinwerfer leuchten durch die Dunkelheit und um uns herum wuseln Hunderte von Autos und Menschen! Am Boden werden Dutzende von riesigen Ballons aufgeblasen und leuchten im Feuerschein ihrer Gaswolken – wir sind mitten am Startplatz eines kollektiven Massenstarts von bunten Heißluft-Ballons in einer einmaligen Landschaft!
Ich komme bei den vielen Motiven aus dem Fotografieren und Filmen gar nicht mehr heraus - zusätzlich zu den Ballons sind noch andere Geschäftszweige vertreten: Fotografen und Filmer lichten (Hochzeits-) Paare in schicken Kleidern oder ganze Familien ab, man kann in Traumautos posieren – und darüber fliegen Ballons mit ihren leuchtenden Farben und dem sonoren Wummern der Gasgebläse.
Pro Tag befinden sich über 160 Ballone in der Luft, oft sehr nah beisammen, tief unten im Tal zwischen bizarren Felsgestalten oder ganz dicht über der Canyon-Kante schwebend, weit oben am Himmel oder nur wenige Meter über unseren Köpfen. Dann geht auch noch die Sonne hinter dem Bergkamm auf und taucht die ganze Umgebung in ein rötliches Licht – zweifellos eines der intensivsten Eindrücke der ganzen Reise!
Nur schade, dass man dieses Erlebnis mit all ihren Sinnes-Komponenten eigentlich nur unvollständig beschreiben kann oder sich kaum einer trotz Fotos das Ganze richtig vorstellen kann. Am ehesten gelingt das noch mit dem Film – und deshalb bin ich auch noch sehr lange mit dem Schneiden der über hundert Video-Szenen beschäftigt.
Die Gegend um Göreme ist das größte touristische Highlight der Türkei. Die Landschaft mit ihren vielfältigen Tuffstein-Formationen wurde durch vulkanische Asche gebildet. In dieses weiche Gestein wurden schon vor Jahrhunderten Felsenwohnungen gebaut und hier fanden auch Christen Zuflucht vor Verfolgungen. Die Malereien in ihren Kirchen wurden leider später teilweise durch islamischen Einfluss zerstört.
Bis in die Fünfziger-Jahre des letzten Jahrhunderts waren die Höhlenwohnungen sogar noch größtenteils bewohnt. Heute sind sie entweder touristisch ausgebaut oder in den Freilicht-Museen von Göreme oder Zelve wegen Einsturzgefahr teilweise gesperrt. Trotzdem ist es immer ein Erlebnis, diese Landschaft zu bewundern und sich das Leben von damals vorzustellen.
Wir entschließen uns, diese Landschaft auch einmal von oben aus dem Ballon kennenzulernen, auch wenn die Kinder den vollen Preis zahlen müssen. Bis dahin waren wir in keinem Hotel oder Campingplatz gewesen und investieren das gesparte Geld nun in eine Ballonfahrt mit einem renommierten Anbieter.
Nach dem Frühstück um 5 Uhr geht es mit Kleinbus zum Startplatz. Wir können den halb aufgeblasenen Ballon zunächst im Inneren der Riesenhülle bestaunen, dann steigen wir auf zur Ballonfahrt. Wir haben einen der besten Piloten der Türkei mit 25 Jahren Erfahrung: zum Teil schweben wir nur wenige Meter über alten Felsenwohnungen und Canyon-Kanten, erleben den Sonnenaufgang und weitere Ballons um uns herum oder wir steigen am allerhöchsten, ca. 2500 Meter über Grund. Zum Schluss landen wir auf einem Feld, bekommen Urkunden, Medaillen und Getränke - ein unvergessliches Erlebnis nicht nur für die Kinder!
Am Nachmittag besuchen wir erneut Felsenwohnungen und stellen uns über Nacht wieder auf den Ballons-Startplatz. So können wir in der Früh das ganze Spektakel noch einmal erleben und ich erweitere meine Foto- und Film-Sammlung. Einige Kilometer weiter im Süden steigen wir als Kontrast noch in die Unterwelt: in der unteririschen Stadt Derinkuyu geht es in engen Gängen 8 Stockwerke in die Tiefe - hier sollen früher bis zu 50000 Menschen Zuflucht gefunden haben.
Rückreise über Süd- und Westküste der Türkei
Danach ist unser touristischer Sättigungsgrad fast erreicht – und wir machen uns jetzt allmählich auf den Heimweg. Spannung bietet noch einmal die Passstrecke durch ein einsames Küstengebirge auf kleinen Schotterstraßen, wo wir das karge bäuerliche Leben und grandiose Landschaften sehen.
Die nahe Mittelmeerküste bei Antalya bietet das genaue Gegenteil: riesige Hotelkomplexe, zugebaute Strände, extreme Hitze und kilometerlange Staus. Einen Nachtplatz finden wir nur, als wir ins Gebirge zu einem Klettercamp inmitten einer vielfältigen Felslandschaft fahren.
Die folgende Lykische Küste ist zwar schön, aber vielbefahren und die wenigen Strände überfüllt. Wir finden über eine Schotterstraße trotzdem einen schönen, völlig einsamen Sandstrand, müssen aber einen Kilometer dorthin laufen. Mit viel Wind und Wellen haben wir hier nochmals viel Spaß. Beim Zurückgehen treffen wir auf Hunderte von Einheimischen, die auf den vorgelagerten Sanddünen den Sonnenuntergang mit Tausenden von Fotos erleben wollen. In der Nacht sind wir hier dagegen wieder ganz alleine.
Es folgt der einzige Regentag auf der ganzen Reise, an dem wir nach Pamukkale weiterfahren. Diese Kalksinterterrassen hatte ich schon einmal vor 46 Jahren im ursprünglichen Zustand besucht. Jetzt ist alles streng reglementiert und die Touristen müssen volle 30 Euro Eintritt zahlen, während die Einheimischen mit 3 Euro gut wegkommen. Diese große Diskrepanz findet man fast überall in der Türkei – und diesmal verzichten wir darauf. Auch hier gibt es Ballonfahrten, die aber keinen Vergleich mit Kappadokien aushalten.
Mit diesen Erfahrungen und einer leichten Übersättigung machen wir uns jetzt auf den Rückweg ohne weitere Sehenswürdigkeiten. Über Izmir und die Dardanellen erreichen wir wieder Europa. Der Grenzübergang nach Bulgarien erfordert noch einmal 3 Stunden Geduld, die wir aber im Wagen verbringen können. Der Rest der Heimreise ist unspektakulär über viele langweilige Autobahnen und teure Mautstrecken, durch Bulgarien, Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich.
Nach fast sechs Wochen endet unsere Reise im Feierabendstau von München – eine große Tour ist zu Ende.
Resümee
Wir haben unterwegs sehr oft mit unserer Campingausrüstung im Freien gegessen, unsere Markise als Schattenspender ausgenutzt und wegen der großen Hitze bis 37 Grad unsere 4 Zusatzventilatoren fast ununterbrochen eingeschaltet. Wir waren 10 Mal beim Baden (Meer, See oder Fluß), haben keinen einzigen Campingplatz benötigt und waren trotzdem bestens versorgt. Für die oft schönen und abgelegenen Nachtplätze war der zuschaltbare Allradantrieb vom Sprinter sehr beruhigend. Nur die schon einmal reparierte hintere Stoßdämpfer-Aufhängung ist erneut gebrochen, sodass wir 5000 km nur mit einem Stoßdämpfer gefahren sind, was erstaunlich gut funktioniert hat. Die Reiseroute hat sich bewährt und wir können die gleiche Strecke mit nur minimalen Verbesserungen und etwas mehr Zeit sehr weiterempfehlen. In Georgien, Armenien und der Osttürkei haben wir insgesamt kaum Touristen mit eigenem Fahrzeug getroffen - höchstens 20 Wohnmobile - und sind weniger als 20 Deutschen begegnet.
In Georgien haben uns das ursprüngliche Kaukasus-Gebirge und die Klöster beeindruckt, in Armenien ebenfalls die Klöster und die freundlichen Bewohner. In der Türkei gab es zwar die meisten Sehenswürdigkeiten, aber auch ambivalente Erfahrungen: einerseits etwa mit aggressiven Autofahrern und vermüllter Landschaft, andrerseits mit gastfreundlichen Essensgeschenken oder den spektakulären Ballonfahrten.
Die Reise mit vielen Kilometern Fahrt war anstrengend und heiß, hat sich aber auf alle Fälle gelohnt. Wir haben zwei neue Länder kennengelernt, bekannte Sehenswürdigkeiten erneut besucht, viele Fotos geschossen, neue Reisefreundschaften geschlossen und eine sehr intensive Zeit erlebt.
Kleine Reisestatistik
Wir sind - über sechs Wochen verteilt - insgesamt etwa 10000 km gefahren, davon allerdings ein Viertel allein in den letzten 4 Tagen. Dafür waren es an 10 Tagen jeweils meist deutlich unter 100 km: an fünf verschiedenen Nachtplätzen haben wir zweimal oder gar dreimal übernachtet und nur Tagesausflüge durchgeführt.
Von den Reisekosten (insgesamt 5000 Euro) entfielen natürlich am meisten auf das Wohnmobil: fürs Tanken fast 40 Prozent (wobei der durchschnittliche Literpreis nur bei etwa 1.10 Euro lag) und noch einmal fast genau so viel für die Fähre und die vielen Mautstrecken. Der Rest der Ausgaben verteilt sich auf das Essen mit knapp 20 Prozent und weitere 20 Prozent für Sonstiges (v.a. Ballonfahren sowie Eintritte und Souvenirs).