Grönland-Skitouren
Kurzbericht

Skitouren in Ostgrönland


Über Ostern geht es wieder eine große Reise, diesmal zu siebt mit alten Freunden  Bei unserem Zwischenstop in Island baden wir in der heißen und berühmten Blauen Lagune, bevor wir von Rejkjavik nach Grönland weiterfliegen. Vom Flughafen dort auf einer vorgelagerten Insel geht es mit einem Hubschrauber  weiter nach Ammassalik, dem Hauptort in Ostgrönland mit ca. 5000 Einwohnern. Hinter uns wird das Wetter so schlecht, daß der Flugverkehr volle 5 Tage eingestellt wird und eine andere Gruppe, die parallel mit uns kommen sollte, genausolange warten muß. Wir schaffen im Nebel gerade noch einen nahen Gipfel, dann sitzen wir bei Regen, Wind und Schneeschauern im “Roten Haus” von Robert Peroni fest. Dieser aus Südtirol stammende Grönlandspezialist verwöhnt uns mit hervorragendem Essen (u.a. Walfischfleisch) und seinen abenteuerlichen Geschichten aus der Arktis.

 

Zum Glück sind wir allesamt als (Expeditions-) Bergsteiger an schlechtes Wetter gewöhnt und vertreiben uns die Zeit mit Schlafen, Lesen, Unterhalten und Planen. Endlich können wir mit unseren Skiern und Schlitten, den Pulkas, starten. Sie sind vollgepackt mit Zeltausrüstung und Verpflegung sowie z.T. mit schwerer Eiskletter-Ausrüstung. Wichtig ist auch ein Gewehr (als Verteidigung gegen Eisbären), ein Satellitentelefon und GPS. Wir übernachten völlig autark in unseren Zelten oder in kleinen (Biwak-) Hütten und sind zunächst völlig allein unterwegs.

 

Am Ostersonntag gönnen wir uns nach dem doch anstrengenden Ziehen der schweren Pulkas eine gepäcklose Skitour. Bei bestem Wetter besteigen wir in einer fantastischen Winterlandschaft den Gipfel des Mittivakkat als erste mit Skiern. Dieser knapp 1000 m hohe und formschöne Aussichtspunkt mit Blick auf Meer, Gletscher und viele Gipfel ist ein absoluter Bergsteiger-Höhepunkt, zumal auch die Abfahrt bei stäubendem Pulverschnee ein einziger Genuß wird. Ein fast lauschiger Abend mit gutem Essen beschließt einen denkwürdigen Tag.

 

Nachdem wir die anvisierte Hütte doch noch gefunden haben, halten wir dort bei erneutem Schlechtwetter Kriegsrat. Nach einem gescheiterten “Ausbruchsversuch”, zunehmender Zeitknappheit und z.T. Fußproblemen fragen wir per Satellitentelefon Robert nach der Wetterprognose und fordern Hundeschlitten zur Verstärkung an, damit wir unser ursprüngliches Ziel, das Dorf Tinitequilaq noch erreichen können. Tatsächlich kommen am nächsten Tag zwei Hundeschlitten zu unserer Hütte, so daß Uta, Karin und ich vorausfahren, während die anderen vier mit den gleichen Gespannen einen Tag später abgeholt werden. Unsere Pulkas und einen Teil der Ausrüstung lassen wir dabei zurück.

 

Das Fahren auf einem traditionellen Hundeschlitten ist ein wirkliches Erlebnis: Ca. 10 Hunde ziehen an langen Seilen den handgefertigten, hölzernen Schlitten mit seinen modernen Teflon-Kufen. Lediglich bei Steilaufschwüngen  und -Abfahrten müssen wir absteigen und zu Fuß laufen, ansonsten ziehen uns diese zähen Hunde auch lange Strecken bergauf in einem Tempo, das 2 -3 mal so schnell ist wie wir mit unseren Skiern bzw. Schlitten. Dafür liegen sie an den Rastplätzen völlig erschöpft im Schnee und hecheln um die Wette. Auf diese Weise erreichen wir am Abend das kleine Dorf  Tinitequilaq, in dem wir in dem Gemeindehaus unterkommen können. Endlich wieder eine Dusche!

 

Das Dorf ist noch viel ursprünglicher als Ammassalik, aber als wir am nächsten Morgen bei Nebel einen Spaziergang machen, offenbart es uns auch einen eher melancholischen, ja fast morbiden Charakter. Die Einheimischen, die sich selbst Inuits statt Eskimos nennen, sind im Umbruch zwischen alter Tradition und moderner Zeit z.T. gestrandet bzw. haben Schwierigkeiten mit ihrer Identität. Die Arbeitslosigkeit, speziell unter den Jugendlichen, ist extrem hoch, und so verwundert es nicht, daß auch Alkohol ein großes Problem ist. Wir steigen zu dritt mit unseren Skiern auf den Hausberg des Dorfes. Bei der Abfahrt bricht die Sonne durch die Wolkenbänke und taucht den Fjord mit seinen Eisbergen in ein zauberhaftes Abendlicht.

 

Am nächsten Morgen fahren wir - diesmal mit vier Hundeschlittengespannen - wieder zurück. Bei schönem Wetter wird dieser Tag ein unvergessliches Erlebnis: Auf unserer Tour mit fast 1000 Höhenmetern und 30 km Entfernung durchqueren wir die ganze Insel auf der Rückfahrt nach Ammassalik inklusive einiger Skiabfahrten. Bei der Hütte am See laden wir unsere Pulkas samt Ausrüstung auf die Schlitten und lassen uns von den Hunden über mehrere zugefrorene Seen und auch das Meerespackeis zurückziehen. Ein gutes Abendessen bei Robert im “Roten Haus” beschließt unsere Tour. Bei erneutem Schlechtwetter bleibt uns noch ein Erholungstag, bis wir per Hubschrauber und Flugzeug wieder zurück nach Island und Mitteleuropa fliegen.

 

Als Fazit bleibt festzuhalten: Trotz des Schlechtwetters (abgesehen von An- und Abreise nur drei schöne Tage!) war es aufgrund der fantastischen Landschaft und der grönländischen Kultur ein großes Erlebnis - jeder von uns will irgendwann wiederkommen!

 

Bericht von Uta Philipp

Mit Skiern und Hundeschlitten in Ostgrönland

 

Tagebuch von Uta Philipp, Zusammenstellung und Fotos von Walter Treibel

In den Osterferien 2003 besucht eine kleine Bergsteigergruppe von sieben Freunden die größte Insel der Welt mit ihren Tourenskiern. Im Winter ist Grönland (ohne Moskitos!) auf Grund seiner landschaftlichen Schönheiten, der interessanten Kultur und den vielen Schlittenhunden allemal eine Reise wert.

 

Anreise über Island
Am Morgen steigst du aus deinem eigenen Bett - und am Nachmittag badest du in der „Blauen Lagune“ in Island! Island, wo die Erde noch ganz jung ist. Weite große Gletscher, erkaltete Lavaströme, Grabenbrüche. Und natürlich kegelförmige Berge mit Loch obendrauf, das ist wohl Heymey – genau so habe ich als Kind Vulkane gemalt. 

Wir sind zu siebt: Walter und Karin aus München, Paula aus Osttirol, ihr Mann Karl  und sein Bruder Otto (beides Skitourenfanatiker), unser Spaßvogel Jürgen vom Bodensee und ich selbst aus dem Siegerland.

 

Flug nach Grönland
Vom jüngsten zum ältesten Land der Erde - geologisch könnten Island und Grönland nicht weiter voneinander getrennt sein! Granite und Gneise, die mehr als drei Milliarden Jahre alt sind, werden auf der größten Insel der Erde von der 3000 Meter dicken Masse des Inlandeises unter den Meeresspiegel gedrückt.  Am Rande fällt die Eiskuppel in zahllosen Gletscherzungen hinab ins Meer und hat Fjorde und eine dramatische Gebirgslandschaft geprägt.

Mit dem letzten Flugzeug vor der Schlechtwetterfront erreichen wir Kulusuk, und ganz knapp fliegt uns ein Hubschrauber auch noch nach Tasiilaq, dem Ausgangspunkt unserer kleinen Expedition. Vor dem White-out sehen wir noch die ersten kleinen Eisberge im Fjord.

Grönland! Die runden freundlichen Gesichter der Inuit, ein Rieseneisbärenfell an der Wand im Airport, vorbeiwehende Alkoholfahnen, viele Kinder, bunte kleine Häuschen und Robert Peroni, der seit vielen Jahren Ostgrönland zu seinem Leben gemacht hat. Sein „Rotes Haus“ ist eine gemütliche Bergsteigerunterkunft. Zum Abendessen hat Robert uns Wal zubereitet. Sieben Stunden muß das Fleisch weichgekocht werden. Es ist wider Erwarten ausgesprochen wohlschmeckend!

 

Schlechtwettertage
Am Palmsonntag heulen tausend Schlittenhunde mit den Kirchenglocken. Sie sind bei jedem Wetter im Freien festgekettet, nur Welpen und Invaliden dürfen frei herumlaufen. Wir wandern mit Skiern zum nächstliegenden Berg. Das Wetter wird immer schlechter, das Schneetreiben dichter. Robert tröstet uns abends mit Grönlandlamm von der Westküste und hat einen Kuchen gebacken. Das schmeckt doch besser als „Peronin“, die High-Tec-Expeditionsnahrung, die nach ihm benannt ist!

In den Achtziger-Jahren hat Robert, der aus Südtirol stammende Bergsteiger, das Inlandeis mit zwei Gefährten und aus eigener Kraft überquert. Ohne Funk, ohne GPS- Gerät, ohne Hundeschlitten. Nur mit Pulkas, den Ziehschlitten, mit einem Sextanten zur Richtungsbestimmung und mit „Peronin“ als Nahrung schafften sie es, über 80 Tage extreme Strapazen durchzustehen.

Am zweiten Schlechtwettertag heult der Wind mit den Hunden um die Wette, nasser Schnee jagt ums Haus. Kein Wetter zum Aufbrechen. Wir erfahren stattdessen einiges über den Osten, der „Wild Side“ von Grönland.  Die kalte nördliche Meeresströmung und der Packeisgürtel sind Grund für die geringe Besiedelung und die späte „Kolonialisierung“. Vor etwas mehr als hundert Jahren kamen die ersten Europäer. Wer von den Einheimischen hier älter als 30 Jahre ist, hat noch in Erdhäusern gewohnt, dunklen Löchern, wo Blubberlampen Licht und Wärme gaben. Im Sommer lebte man in Zelten aus Robbenfellen. Ihre rasche Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen hat die Inuit unter rauhesten Bedingungen überleben lassen. Der Alkohol jedoch zerstört sie jetzt gnadenlos.

In der Nacht haben uns die Hunde 2 kg Südtiroler Bergsteigerwurst vom Fensterbrett geklaut. Der Jammer ist groß! Wetter laut Internet: heavy rain, blowing snow, heavy blowing rain...., Wetter laut Fensterblick: sch…., Geduld, Bücher lesen.

Robert verwöhnt uns mit Essen und Geschichten über Piteraq, den Sturm vom Inlandeis, der Zelte mit Menschen drin durch die Luft wirbeln kann. Wir kommen den ganzen Tag nicht aus der Hütte.

Unser vierter Tag  ohne Sonne: Wind bläst, das Eis auf dem Fjord ist mit tiefem Schneematsch bedeckt. „Another  day in paradise!“ stöhnt Otto. Ich lese schon das dritte  Buch. Nachmittags packen wir die Verpflegung, Ausrüstung, Zelte und Pulkas in einem Hangar beim Heliport und hoffen auf morgen.

Fünfter Hüttentag - Geduld und die Entdeckung der Langsamkeit. Wieder Sturm und Regen. Karin ist bei dem Sauwetter draußen, Walter stellt sich tot im Schlafsack. Paula: „Draußen ist strahlend blauer Himmel!“ Jürgen, deprimiert: „Ich hör´s!“

 

Unterwegs mit Skiern und Schlitten
Am Karfreitag geht’s endlich los! Ski unter den Füßen, Grönland voraus. Schlittenhundegespanne begegnen uns, als wir den zugefrorenen Fjord verlassen. Bergauf merken wir erst richtig, was wir da mit Hüftgurt an zwei langen Stangen hinter uns herziehen. Schnell haben die Schneeflocken unsere schwere Ausrüstung durchnässt, doch nichts kann uns aufhalten nach den langen Wartetagen.

Zum Sonnenuntergang erreichen wir zwei Biwakschachteln am Meer. Die obere Biwakschachtel ist bis ans Dach zugeschneit, wir schaufeln, während Walter die Kocher anwirft, Schnee schmelzen muß und für alle das Menü zubereitet.

Wir haben am Morgen schon gefrühstückt, als uns auffällt, dass sich an der oberen Biwakschachtel nichts rührt, es sind auch keine Spuren im Schnee. Schlafen unsere Frühaufsteher mal lange? Nein, die drei waren eingeschneit, die Tür der Biwakschachtel war von innen nicht aufzukriegen!

Bei der anschließenden Steilabfahrt kippt mir zum ersten Mal die Pulka um und der Hüftgurt dreht mir eine Wespentaille. Wir laufen nach der Karte und dem Pfeil auf unserem GPS-Gerät. Einmal kreuzen wir die Spur eines Polarfuchses, die schnurgerade aus der Einsamkeit in die Einsamkeit führt. Später überqueren wir den Gletscher und finden abends einen schönen Zeltplatz hoch über dem Tal. Im Westen steht wie eine tiefhängende Wolkenschicht klar und ruhig das Inlandeis. Im Osten werden die Berggipfel violett.

 

Traumskitour am Ostersonntag
Diese Nacht war erstmals richtig kalt. In den nassen Schlafsack kommen morgens die gefrorenen Innenschuhe der Skistiefel zum Anwärmen. Und endlich! - vor sieben Uhr treffen die ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf die Zeltwand.

Frohe Ostern! Walter hat sogar Marmorkuchen dabei. Diesmal steigen wir im unberührten Pulverschnee aufwärts, ohne Schlitten, ganz frei! Im Westen leuchtet unwirklich blau das Meer, Eisberge, dahinter die gewaltige Kuppel des Inlandeises. Ich habe eine Melodie im Kopf, welches Lied ist es? Ja, jetzt weiß ich´s - die Morgenstimmung aus Peer Gynt. Für so eine ruhige große Landschaft muß sie geschrieben sein.

Über uns ragt ein Eisbärenzahn vom Gletscher ins Himmelsblau. An einem riesigen Windkolk unter dem steilen Gipfel des Mittivakkat machen wir Rast. Ich sehe gleich, der ostseitige Schneegrat  ist seine einzige Schwachstelle, und nichts hält uns mehr. Es muß nicht immer ein Achttausender sein, auch ein Neunhunderter macht große Freude!  Nie hat einer von uns eine solche Osterskitour erlebt! Bald kurven wir in unberührtem Pulverschnee über die weiten Gletscherböden zurück zu den Zelten.

Wir wandern weiter zur Hütte am  Lake Five - aber da ist keine Hütte! Wir liegen schon in den Schlafsäcken, da findet Walter ums Eck in 300 m Entfernung ein richtiges Hüttendorf, drei Hütten und eine Biwakschachtel!

Aber wir übernachten jetzt erst mal in den Zelten. In der Nacht rüttelt der Wind am Zelt, kalte Nachtluft, Sternenhimmel, Nordlicht glüht, als ob eine große Stadt hinter den Bergen läge. Polarnacht - ein unglaublicher Ostersonntag ist zu Ende gegangen!

 

Hundeschlitten per Satellitentelefon
Es gibt keine Steigerung eines vollkommenen Erlebnisses. Darum ist am Morgen die Sonne verschwunden. Es wird warm. Es wird grau. Es bläst. Also Zeltabbau und zunächst zu den Hütten. Nach einem mißglückten Ausbruchsversuch von dort müssen wir bei Schneefall wieder zurück. Im Nebel unterschätze ich die Steilheit des Geländes und rase im Schuss mit der Pulka den Hang hinunter. Kurven oder bremsen ist nicht mehr drin. Bloß jetzt nicht stürzen, dann werde ich auch noch vom Gepäckschlitten überfahren!  Wie der ICE München-Hamburg sause ich an den anderen vorbei, bis ich in der Ebene zum Stillstand komme. „Spass muß sein!“ sage ich ganz cool zum geschockten Jürgen. Aber dann gebe ich doch zu, dass ich ziemlich heftig die Kontrolle verloren hatte!

Wie wärs, wenn wir morgen alle mit Hundeschlitten nach Tiniteqilaq reisen? Oh Wunder der Technik: per Satellitentelefon wird das Hundeschlittentaxi bestellt!

Am nächsten Morgen leuchtet der  Himmel in allen Grautönen, die es gibt. Bis in den Nachmittag warten wir bei den Hütten am fünften See auf die Hundeschlitten. Endlich kommen sie, es sind aber nur zwei. Paula, Karl, Otto und Jürgen werden deshalb morgen nachkommen.

Mit kleinem Gepäck und Ski geht es los. Zehn kräftige Hunde ziehen meinen Schlitten. Wenn es steiler bergauf geht, steige ich ab und laufe. Der Hundeführer heißt Tiames und schwingt öfter mal die fünf Meter lange Peitsche. „Prrrrr, Prrrr , Prrrr!“ ruft er, und die Hunde schwenken nach rechts. Ein dunkles „Io, io , io!“ heisst links. Am Gashebel drehen ist “Sch, sch sch” oder “Ugh, agh, agh!” oder Tiames hechelt einfach, wie es die Hunde tun, und schon ziehen sie schneller.

Auf der Gletscherhöhe machen wir eine Pause - Karin und ich bauen einen Schlittenhund aus Schnee. Wie lange wird er hier oben wohl überdauern?

 

Im Eskimodorf Tiniteqilaq
Es ist Abend geworden, als wir über den zugefrorenen Fjord sausen, die Hunde freuen sich wohl schon aufs Abendessen?! Im Dorf kommen uns die Kinder entgegengelaufen, und auf einer Wäscheleine ist ein riesiges Eisbärenfell zum Trocknen aufgehängt. Hier sind wir wirklich bei den Inuit! Später wird unseren Hunden eine Robbe zum Fraß vorgeworfen.

Das Guesthouse, in dem wir untergebracht sind, ist Amtsstube, Werkstatt, Versammlungsraum, Waschküche und Badezimmer für alle Dorfbewohner. Für uns purer Luxus: Warme Duschen! Matratzen! Einbauküche! Heizung! Kühlschrank!! Handtuch! Spiegel! Oh Gott, wie sehe ich überhaupt aus?!

Am Morgen ist das Wetter wieder grau in grau. Mittags machen wir eine Skitour zum Hausberg von Tini. Ein junger Hund begleitet uns eine Zeit lang. Viele Welpen gibt es hier, manche sogar recht zutraulich. Die meisten starren vor Dreck und stinken nach Lebertran. Zur Imprägnierung des Fells gegen Nässe wälzen sie sich offensichtlich in toten Robben oder Walblubber!

Im Dorf baue ich mit Eskimokindern im Schnee Straßen und Häuser. Plötzlich nimmt mich einer an die Hand, vier Jahre mag er alt sein, und zieht mich mit zu sich nach Haus ins Wohnzimmer: Auf dem Sofa sitzt die Oma,  Familienphotos an den Wänden, Pokale auf dem Regal, vielleicht von gewonnenen Hundeschlittenrennen? Vier weitere Kinder umringen mich, in der Küche rührt Mutter im Kochtopf.

Später schlendere ich zum Heliport. Im tiefen Schnee spielen ein paar Welpen mit einem gewaltigen Knochen. Das ist doch – kann das denn sein? – wirklich, das ist ein gewaltiger Eisbärenschädel, den sie hier am Wegesrand liegen lassen! Ich packe den Schädel in eine Plastiktüte und gehe zur Fotosession bei Walter. Schädel von links, Schädel von rechts, klick, Schädel mit Hund, klick, Schädel mit Uta, klick, Schädel auf Friedhofskreuz. Klick Klick Klick!

 

Rückweg mit Schlittenhunden und Skiern
Mittags brechen wir mit den dogsleds auf zur Hütte am fünften See, wo unsere schweren Pulkas warten. Tiames, der alte Eskimo versucht, mir ein paar Brocken Inuit beizubringen. Oben auf dem Gletscher zeigt er lachend auf den kleinen Schneehund, den wir vorgestern gebaut hatten. Dann legt er kurz eine Hand auf meine, seine dunklen Augen leuchten. „Perkera!“  Und dann eine umfassende Armbewegung, die den strahlend blauen Himmel, die weißen Schneegipfel und das Hundegespann einschließt. „Perkera!“ – Schön!

Was für ein sonniger Tag. An der Hütte laden wir die Pulkas auf drei Hundeschlitten und hängen uns mit Ski hinten an. Ein letzter Steilanstieg vor dem Tasiilaqfjord sorgt noch mal für Spannung. Die Hunde hecheln die Steigung hinan, als plötzlich von oben in voller Fahrt ein anderer Hundeschlitten über die Kuppe kommt. Es gibt einen Frontalzusammenstoß! Die 20 Hunde verheddern sich ineinander und unser Schlitten rutscht rückwärts. Doch schnell haben die Hundeführer wieder Ordnung geschaffen und es geht weiter.

Mit dem Sonnenuntergang erreichen wir Tasiilaq. Robert backt gleich einen Kuchen und stellt uns einen Riesentopf dampfende Pasta auf den Tisch - sind wir im Himmel?

 

Abschied von Grönland
Nach einer weiteren Skitour und dem Packen serviert uns Robert Peroni am letzten Abend rohe Narwalhaut als Vorspeise, eine sehr Vitamin-D-haltige Delikatesse. Ein Kauerlebnis! Und da kommt auch schon der Hauptgang: Ein riesiges rabenschwarzes Walsteak. Robert hat sich viel Mühe gegeben: was für ein Abschiedsmahl! Wir schenken Robert zum Dank den Eisbärenschädel - er hat am ehesten eine Beziehung dazu. Leb wohl Robert!

Viel zu schnell sind die Tage verflogen. In strahlender Sonne  nehmen wir Abschied von den bunten Häuschen und auch von den vielen Welpen, die noch einmal zutraulich an meinen Haaren ziehen und frech ins Ohr beißen.

Gleich werden wir ins Flugzeug steigen, die wunderbaren schneebedeckten Berge  werden vorbeiziehen, kleiner und kleiner zurückbleiben. Noch einmal werden wir den Kopf drehen, um einen letzten Blick auf dieses Land zu haben, bevor es für uns im Dunst und im Meer versinken wird, so weit weg und doch immer in unserer Erinnerung ganz nah, in Gedanken sofort erreichbar.

Glückliche Augenblicke, intensives Leben!

 

Informationsteil Grönland

Allgemeines:
Grönland (Kalaalit Nunaat), die mit über zwei Millionen Quadratkilometer größte Insel der Erde liegt im Nordatlantischen Ozean und ist mit ca. 55.000 Einwohner autonomer Bestandteil des Königreichs Dänemark. 84% des Landes sind von Inlandeis bedeckt, das durchschnittlich 1.500 Meter, maximal rund 3.400 Meter mächtig ist und zahlreiche Gletscher zum Meer entsendet.  Es herrscht Eis- und Tundraklima. Die Grönländer siedeln vor allem im klimatisch begünstigten Südwesten, hier werden auch Schafe und Rentiere gehalten. Haupterwerb ist die Fischerei.

 

Geschichte:
Das Land wurde um 900 entdeckt, nach der Sage von Erich dem Roten, der die Insel „Grünes Land“ nannte. Um das Jahr 1000 erfolgten die ersten Siedlungsgründungen und die Christianisierung. 1815 kam Grönland zu Dänemark und hat seit 1979 eine autonome Selbstverwaltung

Anreise:
Diese führt über Island und ist fast immer mit einer zusätzlichen Übernachtung verbunden. Von dort fliegt man auf Kulusuk, einer vorgelagerten Insel, und dann weiter per Hubschrauber nach Ammassalik oder Tasiilaq, der Hauptstadt von Ostgrönland. Bester Aufenthalt dort im „Roten Haus“ bei Robert Peroni (siehe auch Internet The Red House - Home oder bei Hauser Exkursionen).

Ausrüstung:
Skier und Zelte sind von zu  Hause mitzubringen, bei Robert kann man sich Pulkas ausleihen oder einen Hundeschlitten organisieren lassen. Karten gibt es im Maßstab 1:50.000, die allerdings z.T. schwer erhältlich sind. Empfehlenswert sind ein GPS bei White-out sowie für Notfälle ein Satellitentelefon und wegen der Eisbären vorsichtshalber ein Gewehr (beides kann von Robert ausgeliehen werden).

Tourenmöglichkeiten:
Für Skitouren gibt es viele Möglichkeiten, z.T. sind kleine Selbstversorgerhütten im Landesinneren gute Ausgangspunkte. Wer die echte Einsamkeit und Unabhängigkeit liebt, braucht allerdings seine eigenen Zelte. Das Wetter kann strahlend schön, aber auch ganz anders sein
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