MTB Wien-Nizza Teil 4+5
Bericht mit Bildern

Die letzte Etappe bis Nizza hatten wir eigentlich für den Sommer 2017 geplant, wenn da nicht noch etwas ganz anderes passiert wäre: Unsere zweite Tochter Annalena wird geboren! Wir haben uns aber schon vor der Geburt auf die restliche Tour bis zum Mittelmeer vorbereitet und einen zweiten Kinderanhänger gekauft: einen sogenannten Singletrailer, dessen einziges Rad direkt in der Spur des MTB-Hinterrades läuft.

2018 erreichen wir endlich mit unseren Mountainbikes und beiden Kindern unser großes Ziel Nizza. Wie aber aus unserer großartigen Tour auf der letzten Etappe fast noch eine „Tor-tour“ wurde, erzählen wir hier in einer kleinen Übersicht, wobei es v.a. die zahlreichen Komplikationen unterwegs erwähnenswert sind.

 

1. Versuch: In ganz Martigny, unserem Ausgangspunkt in der Schweiz, gibt es laut Polizei keine freien Parkplätze. Wir haben deshalb für 50 SF ein Monats-Parkticket gekauft. Allerdings waren wir am gleichen Abend schon wieder zurück: nach 750 Höhenmeter steiler Auffahrt in großer Hitze hatte mein Rad einen Motorschaden, wohl durch Überlastung. Ein Telefonat bei der Firma ergab, dass wir für eine Reparatur mindestens 6 Wochen warten müssten!

Wir sind deshalb nach München zurückgefahren und haben mit Umlöten der Elektroanschlüsse meinen alten Motor eingebaut, den ich eigentlich schon verkaufen wollte.

 

2. Versuch: Ein paar Tage später geht es wieder von Martigny über den uns schon bekannten Grand Col Ferret (Teil der Mt. Blanc Umrundung zu Fuß und mit dem MTB) nach Italien. Allerdings war dies eine extrem schwierige Erstbeschiebung mit zwei Kinderanhängern, bei der wir viele Strecken zweimal gehen mussten. Stolz waren wir auf unsere beiden Kinder: Isabella lief fast über den ganzen Pass (2537 m) und Annalena beschwerte sich nicht einmal über die lange, sehr hoppelige Rüttelei im Anhänger. Kritisch war, dass auf dieser Etappe die Hydraulik meiner Hinterradbremse ausfiel und ich 40 km bzw. 2000 Hm bis zur Reparatur nur mit der Vorderradbremse abfahren konnte. Als nächstes musste das abgenutzte Gewinde meiner Hinterradachse per Hand nachgeschliffen werden. Nach einem Gewitter gab es erste Probleme mit der Elektronik, wir kamen aber noch gut über den Col d l´ Iseran, den höchsten Pass der Alpen. Als jedoch am nächsten Tag die Elektronik und ein Akku (Kabelbruch) ganz ausfielen, mussten wir aufgeben.  In einem großen Bogen ging es mit der Bahn über Genf zurück nach Martigny zum Wohnmobil.

Da wir nicht wieder gefrustet nur nach Hause flüchten wollten, sind wir mit unserem Sprinter noch über mehrere Pässe bis nach Nizza ans Meer weitergefahren (u.a. Assietta Hochalmenstrasse und Seealpengrenzkammstrasse, beides extreme Hochstraßen nur für Allradfahrzeuge).

 

Zu Hause haben wir allerdings festgestellt, dass wir unsere Längstransalp von Wien bis Nizza nur noch dieses Jahr durchführen können: nächstes Jahr ist Isabella schon zu groß und schwer für den Kinderanhänger, aber noch nicht fit genug zum Selberfahren, ganz abgesehen von Annalena, auf die wir noch drei Jahre länger warten müssten.

 

3. Versuch: Mit dem gleichen Motor, aber einem neuen Controller sowie nach Löten des Akkukabels starten wir Ende August deshalb zum letzten Versuch. Es ist zum Glück nicht mehr ganz so heiß und überlaufen, aber das Pech bleibt uns treu. Ein Bus, der uns durch den Frejustunnel zum letzten Punkt zurückbringen soll, kann aus Platzmangel keine MTBs und Anhänger mitnehmen, sodass wir improvisieren müssen.

Am Col d´Agnel, dem zweithöchsten Pass der Alpen, bricht genau oben die Scheibe meiner Hinterradbremse. Mit der vorhandenen Übung und der zusätzlichen Feststellbremse des Anhängers retten wir uns bei Schlechtwetter 2000 m tiefer in die italienische Tiefebene und mit der Bahn zurück zum Wohnmobil.

Eineinhalb Tage später - nach drei Touristenbüros und sieben Radgeschäften, u.a. in Turin - haben wir wieder eine funktionsfähige Bremse.

Der Busfahrer, der uns ins Gebirge zurückbringen soll, ordert extra für uns einen anderen, größeren Bus, damit die Räder und Anhänger überhaupt hineinpassen. Dann geht es im Gebirge von Piemont vom Maira- ins Sturatal über eine großartige Hochebene - ein landschaftlicher Hochgenuss!   

 

Spannend bleibt es jedoch bis zum Schluss: Am letzten Pass vor Nizza sind nach 1500 Hm unsere Akkus komplett leer, da auch der Ersatzakku nur noch teilweise funktioniert. Der Ausfall eines Ladegerätes und ein Gangschaltungsproblem spielen aber auf den letzten 80 km bis Nizza keine Rolle mehr.

Nach drei Jahren mit über 3000 km und 62.000 Höhenmetern haben wir es dann geschafft - und baden im Meer. Ein großartiges Abenteuer ist glücklich zu Ende!